Lenkrad­bremse

16. April 2014
letzte Änderung 30. Mai 2024

Eine etwas unkonventionelle Idee, die mir besonders am Herzen liegt, da sie das Potential hat, Leben und Gesundheit zu retten. Und sie dürfte technisch und rechtlich leichter zu realisieren sein als Fahrassistenzsysteme (teil-)autonomer Fahrzeuge, denn bei der Lenkradbremse bleibt der Fahrer der Handelnde und Verantwortliche.

Kurz­beschreibung, Ziel­setzung

Neuartige Betätigungsweise der Betriebsbremse für PKW, LKW etc., die bei Notbremsungen zu einer Verkürzung des Anhaltewegs führen soll, um Kollisionen zu vermeiden, bzw. dort wo eine Kollision nicht mehr vermeidbar ist, eine geringere Kollisionsgeschwindigkeit zu ermöglichen. Es sollen also Unfälle vermieden bzw. die Unfallschwere abgemildert werden. Betriebsbremsungen sind damit ebenfalls möglich.

Problem

Bei einer Notbremsung geht durch das Umsetzen des Fußes vom Gas- auf das Bremspedal wertvolle Zeit verloren, die zu einem unnötig langen Anhalteweg führt. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Fahrer in der Hektik einer Notsituation (Schreck, Schock) beim Wechsel mit dem Fuß hinter dem Bremspedal hängen bleibt und es zu überhaupt keiner Bremsung kommt.

Lösung

Das Lenkrad bekommt eine neue Funktion: durch Ausüben von Kraft mit einer oder beiden Händen auf den Lenkradkranz kann jederzeit ohne Zeitverzug gebremst werden, da immer mindestens eine Hand den Lenkradkranz umfasst. Diese Funktion stellt eine zusätzliche Möglichkeit zu bremsen dar. Das heißt: Bremspedal und alles andere, was dazugehört, bleibt wie es ist!

Zur Erfassung von Druckkräften am Lenkradkranz sind u.a. mechanische, hydraulische oder pneumatische Methoden denkbar. Die hier beschriebene Methode sieht den Einsatz von piezoelektrischen Folien vor, wie sie z.B. auch schon in der Raumfahrt (ESA) zur Messung der Kräfte, die auf die Tragflächen der Raumfähre Hermes wirkten oder für Crashtests (Volkswagen) zur Erfassung der Vorgänge beim Aufprall eingesetzt wurden.

Diese Methode bietet die meisten Vorteile, denn wie man an den genannten Beispielen erkennt, sind piezoelektrische Folien sehr widerstandsfähig. Darüber hinaus sind sie sehr dünn, biegsam und auch sehr temperatur- und alterungsbeständig. Sie erzeugen analog zum auf sie ausgeübten mechanischen Druck eine kleine elektrische Spannung, welche verstärkt, verarbeitet und zur Ansteuerung von Aktoren benutzt werden kann. Solche Aktoren existieren bereits. Sie werden in behindertengerecht umgebauten Fahrzeugen benutzt, welche mittels elektronischer Bremspedale und / oder elek­tronischer Bremsringe (vor oder hinter dem Lenkrad) ausgestattet sind. Auch die Firma "Continental" bietet "Brake by Wire"-Systeme.

Umsetzung und Tests

Zur Umsetzung dieser neuen Bremsmethode und Integration in ein tatsächliches Fahrzeug hier noch ein paar Detailüberlegungen, die während der Planungs-, Berechnungs-, Implemen­tierungs- und Testphase noch hinterfragt, ergänzt und spezifiziert werden müssten. Die piezoelektrischen Folien sollten in Form von einzelnen Segmenten in der Größenordnung von wenigen Quadratzentimetern rund um den Lenkradkranz (unter- oder innerhalb der Umschäumung) aufgebracht werden, und zwar so, dass auf der dem Fahrer zugewandten Seite und auf der Rückseite des Lenkradkranzes voneinander getrennte und unabhängig abfragbare Sensoren angebracht sind.

Die signalverarbeitende Steuerungslogik sollte nur bei gleichzeitiger Überschreitung der Schwell­werte der vorderen und der hinteren Sensoren eine Bremsung einleiten. Damit soll sichergestellt werden, dass ein Abstützen oder Heranziehen mit einer Hand (oder beiden Händen), z.B. um die Sitzposition zu ändern, nicht zu einer ungewollten Bremsung führt. Nur wenn auf sich gegenüberliegende Sensoren Druck ausgeübt wird, d.h. wenn eine Quetschung des Lenkradkranzes vorliegt, sollen die von den Sensoren gemessenen Werte in die Berechnung der gewünschten Bremskraft einfließen.

Weiterhin sollte ermittelt werden, ob für unterschiedliche Fahrer individuelle Schwellwerte (unterhalb derer keine Bremsung erfolgen soll) erforderlich sind, oder ob ein genereller Schwellwert für alle Fahrer spezifiziert werden kann. Das Gleiche gilt für den maximalen Druckwert, der dann der maximalen Bremskraft entsprechen soll. Ebenfalls muss eine Kennlinie definiert werden, die die resultierende Bremskraft vorgibt, für den Fall, dass während der Bremsung via Lenkrad noch zusätzlich auf das Bremspedal getreten wird.

Bei einer Lenkradbremsung muss eine Gasabschaltung erfolgen, denn es könnte passieren, dass der Fahrer (wegen der Schrecksituation) den Fuß auf dem Gaspedal belässt. Eine erneute Gasannahme darf erst nach Gaspedalnullstellung wieder möglich sein.

Die Signalübertragung von den Lenkradsensoren zum Steuergerät muss redundant ausgeführt werden, z.B. durch zwei voneinander unabhängige Schleifringkontaktsets. Oder ein Schleifringkontaktset plus eine alternative Übertragungsart. Beide Übertragungswege müssen permanent vom Steuergerät auf Funktionstüchtigkeit geprüft und ein Versagen unquittierbar angezeigt werden (in diesem Fall muss das System in einer professionellen Autowerkstatt geprüft / repariert werden).

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